Das Zen-Projekt

Das Zen-Projekt

Wir haben nicht unsere Integrität verloren, wir missachten sie, Hier und Jetzt. Wir haben nicht unsere Achtsamkeit eingebüßt, wir sind lediglich abgelenkt vom Wesentlichen, das aber nachhaltig. Diese Ablenkung zu durchschauen und zu beenden, ist der Weg (Do) der Achtsamkeit, den ich im Zen-Projekt für Therapeutinnen und Therapeuten anleite und begleite. Es mag so sein, dass das Festhalten an frühkindlicher Integrität regressiv ist, aber das Festhalten an diesem Verlust ist es gleichermaßen.

Zur Erinnerung

Vor zweieinhalbtausend Jahren begann unsere Geistesgeschichte mit der Aussage des Parmenides, dem Sein stehe kein Nichtsein gegenüber, des Weiteren kritisierte er die Menschen, die die Sprache verwendeten, als würde diese die Realität repräsentieren. Zur selben Zeit diktierte Lao Tse im fernen China einem Zöllner einen Text, der mit dem Hinweis beginnt, dass das Tao keinen Namen hat, dass die Sprache nicht das Reale fasst. Damit ist keine Kritik an der Sprache oder am sprachlichen Denken verbunden, sondern an einer mangelnden Distanz, am unreflektierten Anwenden der Sprache auf das Denken.

Hier und Jetzt

Wenn Irritation und Ablenkung also so tief in uns angelegt sind wie die Sprache, dann gilt es, sich vor der Sprache zu finden. Das gelingt weder durch eine naive Rückbesinnung auf den vorsprachlichen Beginn, noch durch den immer und immer wieder zu führenden Kampf gegen das sprachliche Denken mittels Konzentration auf den realen Moment. Verlangt ist die grundsätzliche Emanzipation des Denkens von der Sprache. Sprache dient weder dem Erkennen noch der Reflexion des Erkannten, sondern allein der Mitteilung. Das gilt auch für unsere Selbstgespräche, auch wenn wir dieses vergessen mögen, sie dienen der Klärung eines später Auszusprechenden und sie lassen stets das Reale Geschehen zurück. Das sprachliche Denken ist großartig, sofern wir im Leben – d.h. vor der Sprache und vor den Strukturen- zuhause sind.

Verselbständigt sich das Anwenden der Sprache jedoch als autonome Form des Denkens, zeigt sich die Offenheit vorsprachlicher Reflexion nur noch in seltenen Momenten, die wir als Intuition verstehen. Dort wo wir Großartiges zuwege bringen, agieren wir zumeist intuitiv. Was wir als Intuition verstehen, ist das Aufblitzen offenen Denkens oder Verstehens inmitten der Linearität eines in Strukturen verhafteten versprachlichten Bewusstseins. Intuition steht für die Fähigkeit des Reflektierens, vor dem Anwenden der Sprache auf das Reflektieren [1].

Das Buddhistische Verständnis handelt vom Zurückkehren unserer Achtsamkeit aus einer Welt der identischen Fälle zum realen Hier und Jetzt, womit das Wesentliche getan ist [2]. Wir müssen nicht der Stärke, dem empfindsamen Spüren, der Balance oder der Achtsamkeit hinterherlaufen, wenn wir da sind, wo wir sind. Das ist das Eine, von dem es im Zen heißt, es führe zu Zehntausend.

1) Albert Einstein: Die Worte oder die Sprache, wie sie geschrieben oder gesprochen wird, scheinen für meine Art des Denkens keine Rolle zu spielen.

2) Huang-Po: Aber ob sie das begriffliche Denken auf einem längeren oder kürzeren Weg überschreiten, das Ergebnis ist ein Zustand des Seins.